Aspekte der kantischen Differenzierung zwischen den synthetischen und analytischen Urteilen

Hynek Janoušek

Der Aufsatz soll zeigen, dass der Grund für Kants Unterscheidung zwischen synthetischen und analytischen Urteilen ursprünglich ein epistemischer, kein rein logischer wart. Es wird argumentiert, dass sich zwei Verbindungen von Subjekt und Prädikat aufweisen lassen – eine logisch-semantische und eine epistemische. Verschiedene Beispiele zeigen, dass Kant Fälle einer rein logisch-semantischen Verknüpfung von Begriffen im Urteil kannte, die sich nicht epistemisch als synthetische oder analytische Urteile verstehen lassen. Deshalb sind diese Urteile vom Standpunkt der Definitionen der Kritik der reinen Vernunft nicht klassifizierbar, obschon Kant in seiner Logik und den Prolegomena weitere Möglichkeiten anbietet, sie zu verstehen. Ausgehend von Kants Anmerkungen werden im Aufsatz drei Arten von synthetischen Urteilen und zwei Arten von analytischen Urteilen unterschieden.
Am Schluss des Aufsatzes wird eine Beschreibung des Verhältnisses von epistemisch-synthetischen und epistemisch-analytischen Urteilen gegeben, weil es diese Urteile sind, derentwegen Kant die Unterscheidung von synthetischen und analytischen Urteilen einführt. Dieses Verhältnis wird in zwei Hinsichten diskutiert. Die erste erklärt den Vorrang der Synthese vor der Analyse, die zweite zeigt die konkreten Aufgaben der Begriffsanalyse, wie sie sich Kant auf der Grundlage seiner Lehre vom unum, verum, bonum vorstellte.
Der Aufsatz wird ergänzt durch eine Betrachtung von Kants Definition des Satzes vom Widerspruch sowie durch einen Hinweis auf den Hauptunterschied zwischen Kants und Bolzanos Definition analytischer und synthetischer Urteile, dessen Nichtbeachtung Kants Lehre in einem falschen Kontext erscheinen ließe.