Husserls Mereologie und ihre Bedeutung für die Phänomenologie

Hynek Janoušek

Die Studie versucht, die Bedeutung von Husserls grundlegender Unterscheidung zwischen selbständigen und unselbständigen Teilen im Ganzen seines Philosophierens zu begründen. Es wird dargestellt, wie dieser Unterschied aus dem allgemeinen Entwurf der Logischen Untersuchungen erwächst und auf welche Weise er als Werkzeug zur Ausarbeitung dieses Entwurfs selbst vorausgesetzt wird. Um Husserls Unterscheidung zu verstehen, muss sie zunächst in den Kontext seiner Idee der reinen Logik gestellt werden. Weil man jedes Objekt als Teil oder möglichen Teil eines Ganzen fassen kann, gehört der Unterschied von Ganzem und Teilen in den Bereich der reinen Logik, den man formale Ontologie nennt. Näher betrachtet lassen sich dann im Bereich der Teile selbständige und unselbständige Teile unterscheiden. Während die selbständigen Teile als getrennt von ihren Ganzen gedacht werden können, widersetzen sich die unselbständigen Teile einem solchen Verständnis, da dies in ihrem Fall logisch absurd erschiene. Das führt Husserl zur Idee eines allgemeinen Gesetzes, wonach es ein „logisches“ Bedürfnis der unselbständigen Teile nach ihrer Ergänzung gibt. Dieses Gesetz gründet sich auf dem allgemeinen Charakter des unselbständigen Teiles und schreibt vor, auf welche Weise sich seine Ergänzung vollzieht und welche Arten von ergänzenden Teilen dafür erforderlich sind. Es wird betont, dass sich der spezifische Gehalt dieses Gesetzes nach Husserl mit Hilfe einer Variation gewinnen lässt, welche das Sein des unselbständigen Teiles als einen Index benutzt, um die niedrigsten zulässigen Gattungen ergänzender Teile zu erhalten. Das ist hilfreich für das Verständnis von Husserls Begriffen der Variation und der Fundierung. Ich demonstriere also, wie Husserl den Begriff von allgemeinem Gesetz und Variation auf dem Gebiet der formalen Logik benutzt, um die Idee syntaktischer Gesetze zu gewinnen, und wie er fortfährt diese Begriffe später im Bereich materialer Ontologien anzuwenden. Am Ende der Studie weise ich auf eine gewisse Schwierigkeit hin, die sich ergibt, wenn wir den Unterschied von selbständigen und unselbständigen Teilen tatsächlich als einen formal-ontologischen Unterschied auffassen.