Gott als le lieu d’idées in der Philosophie Malebranches

Jan Palkoska

Die Studie thematisiert Malebranches wichtige These, dass alle Ideen– im Sinne unmittelbarer Gegenstände der Wahrnehmungsakte des Geistes – in Gott „lokalisiert“ sind. Das Ziel des ersten Abschnittes ist es, diese These zu klären und siein einen festen Begriffsrahmen zu setzen. Der Hauptakzent wird dabeiauf die oft kaum beachtete Tatsache gelegt, dass sich Malebranchebei der Formulierung seiner These des Begriffs „Idee“ im selben Sin-58 Jan Palkoskane wie Descartes bedient – nämlich als Verweis auf die einzelnen Akte des Geistes, die einen inhärent repräsentativen Charakter haben. Diese Tatsache ermöglicht es dann zu verstehen, welche Bedeutungund Reichweite die besagte These hat, besonders vor dem Hintergrundvon Malebranches Polemik mit Descartes, die eben darübergeführt wurde, wie weit diese Klasse der inhärent repräsentativen Entitätenzu fassen ist: nach Malebranche haben nicht die einzelnen Denkakte des Geistes einen solchen Charakter (wie Descartes meinte), sondern ausschließlich bestimmte Inhalte in Gott. Der zweite Abschnitt ist einer kritischen Analyse der interessantesten Aspekte von Malebranches Argumentation für die so interpretierte Ausgangsthese gewidmet. Bei der Analyse des zentralen Arguments, das Malebranche im III. Buch seines Hauptwerkes Von der Erforschungder Wahrheit erläutert, konzentriere ich mich vor allem auf Malebranches Auseinandersetzung mit Descartes‘ Standpunkt zu derim ersten Abschnitt erläuterten Streitfrage. Ich versuche zu zeigen, dass der Kern von Malebranches Kritik an Descartes einerseits in Malebranchesreduktiver Auffassung der Repräsentationsbeziehung besteht, andererseits in seinem konsequenten Beharren, dass die Beziehungdes eminenten Enthaltenseins, wie von Descartes an entscheidenden Stellen angewandt, strikt in Begriffen ontologischer Substituierbarkeit aufzufassen ist. Aus der Interpretation von Malebranchesalternativem Argument, überliefert in der Zehnten Erläuterung zu seinem Werk Von der Erforschung der Wahrheit, versuche ichdann Erkenntnisse über die heuristischen Hintergründe der untersuchten These zu gewinnen.