Ist das Schrift "Utopie" von Morus utopisch?

Aleš Havlíček

Gewöhnlich wird Thomas Morus' Utopia von den Historikern eindeutig als utopisches Werk angesehen. Und in der Tat behandelt der zweite Teil des Buches die Ordnung und das Leben auf der Insel Utopia, am Schluss aber distanziert sich der Autor von Hytholdaios' Auslegung der utopischen Gesellschaft. Ähnliches finden wir auch im ersten Teil des Buches, in dem Morus eine ganz andere Ansicht zur Rolle der Philosophen und des privaten und gemeinsamen Eigentums vertritt als der Philosoph Hythlodaios. Dieser verteidigt u.a. den Gedanken der Gleichheit in der Gesellschaft und enthebt den Menschen von Eigenschaften, die ihn beim Erkennen vorwärts führen. Es stoßen hier zwei philosophische Auffassungen aufeinander, wie wir sie z.B. aus Platons Politeia kennen - die eine betont die grenzenlose Aufgabe der Vernunft, die andere versteht die Vernunft als Mittel zur Angemessenheit des Lebens in der Gesellschaft. Unsere Studie behauptet, dass Morus die Meinung des Hythlodaios kritisiert und sich damit von utopischen Vorstellungen distanziert.