Augustin’s Approach to Time: An Exegetical History

Ivan Dubský

Während die aristotelische Auffassung der Zeit die gesamte Theorie von der Antike bis zur Neuzeit grundlegend bestimmte, wurde diejenige des Augustinus in der Geschichte sehr unterschiedlich bewertet und blieb weniger einflussreich. Erst in der Epoche des herrschenden Psychologismus in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (Brentano, Dilthey) beginnt eine eingehendere Würdigung der Zeitabhandlung im XI. Buch seiner Confessiones. Große Bedeutung maßen der augustinischen Zeitdeutung die Phänomenologen bei: Husserl sieht hier den ersten Ansatz zu Fragen der Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins, und für Heidegger, der die Augustinische distentio animi als „dreifach gestreutes Sicherstrecken“ des Geistes deutet, gilt sie als Grundbestimmung der vita actionis, als ursprüngliche Zeitverfassung des Menschen. Obgleich die Eröffnung neuer Perspektiven auf den augustinischen Text hilfreich ist und keineswegs verfälschend wirken muss, stellen zumindest einige „modernisierende“ Interpretationen (insbes. solche, die sich am „Subjekt“ orientieren) eine wesentliche Verarmung der ursprünglichen Meditation dar.