Sprache zwischen Gegensätzen – Bemerkungen zu Husserls Sprachphilosophie in den Logischen Untersuchungen

Petr Urban

In den Logischen Untersuchungen versucht Husserl, das Phänomen der Sprache frei von theoretischen Voraussetzungen zu thematisieren. Er gelangt auf diesem Weg zu einer Reihe bedeutender Resultate: Es gelingt ihm, die Sprachpraxis als Zusammenspiel subjektiver und objektiver Aspekte und als Verflechtung verschiedener Sprachfunktionen zu beschreiben; seine Theorie der Intentionalität ermöglicht ihm eine erfolgreiche Widerlegung des semantischen Irrtums, dass die Bedeutung eines Ausdrucks in einer ihm entsprechenden Vorstellung der Phantasie oder einem damit gemeinten Gegenstand läge; er entdeckt den ideellen Charakter eines sprachlichen Zeichens und erklärt die Unentbehrlichkeit der Sprache für die Realisierung komplizierter Denkakte. Andererseits scheint aber auch klar zu sein, dass die Sprachanalysen der Logischen Untersuchungen nicht wegen des Sprachphänomens selbst durchgeführt werden, sondern nur der Unterstützung der Gesamtkonzeption dienen und die Rolle eines bloßen Zugangs zur eigentlichen Aufklärung logischer Gegenständlichkeiten und ihrer Erkenntnis spielen. Aufgrund von Husserls theoretischen Vorentscheidungen werden einige wesentliche Aspekte des Sprachphänomens aus ihren Bezügen herausgerissen und in eine unangemessene Gegenübersetzung gebracht. Zwischen den sich daraus ergebenden gegensätzlichen Charakterisierungen der Sprache vermag Husserl oft nur mittels künstlicher Konstruktionen und unberechtigter Hierarchisierung eine Brücke zu bauen. Folgende Antinomien sind auszumachen: die logischen Untersuchungen müssen mit einer Analyse der Sprache beginnen – die Geltung der logischen Untersuchungen ist unabhängig von der Sprache; Nichtexistenz, Präsenz, Monolog – Existenz, Nicht-Präsenz, Kommunikation; Idealität und Objektivität der Bedeutung – Realität und Subjektivität der Bedeutungsintention; Idealität des Ausdrucks – Realität des Ausdrucks; apriorische Grammatik – empirische Grammatiken; Sprache als zufällige Stütze des Denkens – Sprache als notwendiges Mittel des Denkens.