Der Schatten des göttlichen Schäfers. Platons Metapher von König und Staatsmann bei Clemens von Alexandrien

Miroslav Šedina

Das allegorische Potential der biblischen Texte verleitete viele jüdische und christliche Exegeten zu dem Versuch, einzelne biblische Gestalten als metaphorische Bilder klassischer philosophischer Ideen zu deuten. Die Bücher Mose waren Inspiration für eine Reihe großer griechischer Denker, aber erst seine Lebensgeschichte machte ihn zu einem „lebenden Gesetz“ (nomos empsychos), welches das besondere biblische Konzept von philosophischer Bildung verkörpert. Die Anschaulichkeit des Schicksals Mose eröffnet der biblischen Darstellung dabei auch für andere Analysen den Zugang zu einem ursprünglichen göttlichen Archetypus. Gleichwohl stößt Clemens mit seinem Bemühen, die alttestamentarische Geschichte als metaphorische Definition des idealen Herrschers – vergleichbar den logischen Bestimmungen der griechischen Philosophen – zu verstehen, an die inneren Grenzen des bildhaften Ausdrucks selbst.