Hegels "Glauben und Wissen"

Milan Sobotka

Der Artikel stellt einen Kommentar zur Einleitung und zum Schluss der Hegelschen Schrift Glauben und Wissen aus dem J. 1802 dar. Der Artikel betont, daß Schelling und Hegel die sinnliche Anschauung - in Entgegensetzung zu den Reflexionsphilosophien der Subjektivität - als ein sinnvolles Ganzes, als einen Ausdruck einer geistigen fundamentalen Struktur der Wirklichkeit aufgefasst haben. Das Ganze der sinnlichen Anschauung kann, aufgrund der Spuren des Geistigen, welche in der sinnlichen Anschauung bemerkbar sind, dechiffriert werden. Aufgrund dieser Spuren kann man zur „absoluten Idee“ durchdringen, die im Grunde aller Realität liegt als ihre „selbsttätige“, „selbstproduktive“ und „emanative“ Struktur.

Neben der Rehabilitierung der sinnlichen Anschauung, die nicht mehr „blind“ ist und zur Andeutung ihres geistigen Gehalts geworden ist, benutzen beide Autoren, Schelling wie Hegel, eine Art intellektueller Konstruktion, die Hegel als Werk der Vernunft bezeichnet. Diese ist in beiden Fällen dialektisch, sie konstruiert einen Fortgang durch Negation, obwohl Schelling und Hegel diesen Terminus noch nicht benutzen.

Die Ablehnung des Transzendenten und die Idee als immanenter Kern der Realität sind weitere Charakteristika von Schellings und Hegels „Rekonstruktion“ der Wirklichkeit aus der sinnlichen Anschauung. Hegel betont die Einheit des Endlichen und Unendlichen als konstitutiven Zug seiner Auffassung. Aus diesem Blickwinkel kritisiert er die Philosophien von Kant, Fichte und Jacobi als Philosophien der Endlichkeit, die sich verbieten, das Absolute zu erkennen, und es als einen unerreichbaren Zielpunkt behandeln. Darin sieht Hegel eine Ähnlichkeit mit der ikonoklastischen Tendenz des Protestantismus.