Gilgamesch und Jakob

Milan Balabán

Zwei Recken - zwei religiös-geistliche Welten. Doch - etwas gemeinsames: ein erbitterter Kampf gegen das Böse und ein extremes Bemühen, das zu erreichen, was das menschliche Leben zu garantieren kann. - Der altisraelitische national-religiöse Held Jakob, von Hause aus Jaakob-El, kämpft vor der Furt Jabok (ein Wortspiel Jakob/Jabok) mit einem (dämonischen?) Isch (= Mann, aber auch man), hinter dem sich der „dunkle“ Gott Israels verbirgt. Jakob verliert das Feld, aber erreicht den Segen Gottes (beracha), wobei er den neuen Namen (šem) gewinnt, nämlich Isra-El = Möge selbst El (für mich/uns) streiten. Der alte Name war L/listiger (Schlaukopf), der neue sagt: Nur Gott ist „klug“-weise. Der babylonische Held Gilgamesch (= Der alte wird jung) aus dem weltbekannten babylonischen Epos ringt (gemeinsam mit seinem Kampfbruder Enkidu) mit einem kosmischen Unwesen Chuwawa, um das Weltböse zugrunde zu richten. Obzwar er den „Waldhüter“ besiegt, fühlt er sich unzufrieden, da er erfahren mußte, daß er nur ein sterbliches Wesen ist und das ewige (postmortale) Leben allein den Göttern gehört. Sein „heiliges“ Streben war nur ein leidenschaftlicher Wunsch; das wußte schon die Nymphe Siduri. Der Partner des Gilgamesch ist gestorben, die Unterwelt hat ihr böses Gesicht gezeigt. Also: zurück - nach Uruk (die Heimatstadt von Gilgamesch). Jakob dagegen klammert sich Jakob an Gott und packt seine Hand, um einen Segen zu erhalten. - Gemeinsam: ist beiden Erzählung eine permanente, traumatisierende Unzufriedenheit mit dem Status quo. Allein die Zukunft darf das wahre Leben anbieten und garantieren.