Schwierigkeiten mit der Authentizität (II)
Volltext (PDF): Schwierigkeiten mit der Authentizität (II) (Zusammenfasung)
In Sein und Zeit entfaltete Heidegger zwar die Auffassung des Verstehens als eines Existenzials des Daseins, das durch die zirkuläre Struktur des hermeneutischen ,alsA charakterisiert ist, doch vermochte er diese maßgebliche Einsicht bei der Analyse des Gewissens nicht konsequent genug anzuwenden. Den Grund dafür sehen wir in seiner Auffassung der Eigentlichkeit als Selbst-Identität des Daseins im Augenblick der vorlaufenden Entschlossenheit und in seiner abschätzigen Auffassung der Dinge; dabei macht sich noch die traditionelle Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt geltend, obwohl Heidegger diese bereits explizit abgelehnt hatte. Wir halten es für notwendig, Heideggers Auffassung der Bewandtnis zu radikalisieren und die Dinge als in der Sprache sedimentiertes hermeneutisches Verstehen unserer endlichen, menschlichen Möglichkeiten zu begreifen. Eine folgerichtige Anwendung der hermeneutischen Auffassung des Verstehens auch im Falle der Analyse des Gewissens soll es ermöglichen, die Heideggersche Auffassung der augenblicklichen Identitäts-Eigentlichkeit abzuschwächen und sich mit einer Formulierung der Eigentlichkeit zu begnügen, die nicht so sehr das Zurückholen aus der Verlorenheit in das Man und aus dem Verfallen an die besorgte Welt betont, sondern sich so begreift, daß im jeweiligen Tun die Möglichkeit besteht, sich auch anders zu verhalten. Die Vertiefung der hermeneutischen Analyse des Verstehens des Gewissensrufes macht es möglich, den von Heideggers Text nahe gelegten Anschein zu beseitigen, daß die eigentlichen Möglichkeiten des Daseins aus seinem Sein zum Tode geschöpft werden. Diese Vertiefung eröffnet die Möglichkeit, Konstruktionen Heideggers wie seine Begriffe eines Schicksals des Daseins und des Geschicks eines Volkes abzulehnen, die ihn, unserer Meinung nach, letzten Endes auch in die politische Irre geführt hatten.