Niccolo Machiavelli. Die Konstruktion des Politischen

Volker Rühle

Volltext (PDF): Niccolo Machiavelli. Die Konstruktion des Politischen

Der Zusammenbruch mittelalterlicher Ordnungsvorstellungen ließ ein helleres Licht auf die Antike fallen, die sich nunmehr wie eine Zeit der Helligkeit und Klarheit von dem als finster und dekadent empfundenen Mittelalter abhob. Das zyklische, von ewigem Auf-und Niedergang bestimmte Geschichtsbild Macchiavellis ist ein Ausdruck dieser Erfahrung, die den nunmehr den Launen der wankelmütigen „Fortuna“ ausgesetzten Menschen ganz auf seine Fähigkeit zur Selbsterhaltung verwies.

Bereits im Sinn der neuzeitlichen Naturbeherrschung, jedoch ohne dessen teleologische Züge konstruiert Macchiavelli „nach geometrischer Methode“ einen Raum des Politischen, der sich der Eigengesetzlichkeit des zeitlichen Wandels anpaßt, um sie soweit wie möglich zu beherrschen. Die Methode Macchiavellis besteht aus den Grundfaktoren „neccessita“ (Notwendigkeit), „fortuna“ (Schicksal), „virtú“ (politische Klugkeit) und „occasione“ (günstige Gelegenheit), deren Konstellationen dem Geschichtsverlauf jeweils neu anzupassen sind, um rationales politisches Handeln zu ermöglichen. In dieser Methode und der Zeiterfahrung, der sie entspringt, liegen die Wurzeln der spätneuzeitlichen Geschichtsauffassung als eines in seinen Kausalzusammenhängen rekonstruierbaren Zeitverlaufes.