Philosophie als strenge Wissenschaft. I: Zur Begründung der Metaphysik als System bei Christian Wolff

Jiří Karásek

Der Beitrag widmet sich der Frage nach den Möglichkeiten eines systematischen Philosophierens, wofür zwei zeitlich wie systematisch aufeinander folgende und äußerst prägnante Beispiele herangezogen und kritisch untersucht werden. Solch ein Entwurf der Philosophie als System, gewöhnlich als Metaphysik bezeichnet, teilt sich in die beiden Bereiche der metaphysica generalis als Lehre vom Seienden als solchem einerseits und der metaphysica specialis als Lehre von den drei höchsten Gegenständen der Metaphysik andererseits.

Erster Teil: Versuch einer Begründung der Metaphysik als System bei Christian Wolff. Im ersten Teil wird untersucht, wie Christian Wolff sich die Lösung dieses Problems vorstellte. Zunächst werden die Schwierigkeiten dargestellt, die sich ergeben, wenn man Wolffs Bestimmung des Verhältnisses der metaphysica generalis zu den einzelnen Teildisziplinen der metaphysica specialis festzuhalten versucht. Dabei zeigt sich, dass es hier eine gewisse ontologische Priorität der cosmologia generalis gibt. Diese lässt sich darauf zurückführen, dass Wolff dem innerweltlichen Seienden ein ontologi- sches Primat zuspricht und daher das Problem einer systematischen Begründung der Metaphysik von der Welt ausgehend behandelt. Diese These bestätigt sich auf andere Weise auch in der anschließenden Untersuchung, die den systematischen Zusammenhang innerhalb der metaphysica specialis betrachtet. Hierbei zeigt sich nämlich, dass Wolff auf empirisch vermittelte Vorstellungen von den „Dingen außer uns“ rekurriert, deren wir uns auf diese Weise bewusst sind. Wolffs Versuch einer Begründung der Metaphysik als System bedient sich also im entscheidenden Punkt empiristischer Prämissen. Es gelingt ihm somit nicht, einen systematischen – d.h. notwendigen – Zusammenhang innerhalb der metaphysica specialis nachzuweisen.